Zwei Presseaussendungen der Umweltorganisation VIRUS
Bundesstraßengesetz gibt wenig her – Verdrängungswirkung durch EU-Recht
Wien (OTS) –
Kritik an der ÖVP wegen des erneuten Aufwärmens der seit 2021 gegen die ehemalige Verkehrsministerin Gewessler betriebenen Autobahn-Propaganda übt die Umweltorganisation VIRUS. Sprecher Wolfgang Rehm. „Seit Jahren blieben zahlreiche Klagsdrohungen leer bzw. endeten zwei Anzeigen vorhersehbar mit Verfahrenseinstellung. Nun wird wieder das Ministeranklagespiel bemüht um völlig falsche Prämissen in den Köpfen der Menschen zu verankern. Das überstrapazierte Bundesstraßengesetz gibt das nicht her und stehen weiters Projekte wie die S1-Lobau rechtlich gar nicht dort“.
Es habe schließlich einen Grund, warum der Lobautunnel derzeit beim Europäischen Gerichtshof anhängig sei. „Aus der Nichtbeachtung von Unionsrecht dürfen Mitgliedstaaten keinen Vorteil ziehen und ist diesfalls nationales Recht unangewendet zu lassen. Das bedeutet, bestimmte Projekte wie die S1, S8 und S34 stehen dort lediglich redaktionell, entfalten diese Einträge wegen Verletzung der SUP-Richtlinie aber keine rechtliche Wirkung und dürfen dafür auch keine Genehmigungen erteilt werden. Damit wird Ex-Ministerin, die ohnehin einige Straßenneubauvorhaben weiterverfolgen ließ, aber eben nicht alle, auch durch den Anwendungsvorrang des EU-Rechts der Rücken gestärkt,“ so Rehm. Aber auch bei Ausblenden dieser EU-Ebene umfasse das Bundesstraßengesetz mehr als die beiden Verzeichnisse – ausschließlich diese würden jedoch politisch strapaziert. Einträge dort seien bei Weitem nicht so zwingend, wie dies von der ÖVP dargestellt werde. „Jahrzehntelang haben Minister nach Gutdünken geschaltet und gewaltet, Projekte mit den in Ihren Ressorts erstellten Regierungsvorlagen vom Parlament verschieben lassen, in den Bauprogrammen auf unbestimmte Zeit ruhend gestellt oder einfach ohne Weiteres abgesagt, wurde 2007 der gesamte dreiköpfige Asfinag- Vorstand vorzeitig gefeuert, wurde aber auch wiederholt das Bauprogramm evaluiert“, weiß Rehm. Ab dem Moment jedoch, wo BM Gewessler im Juli 2021 ebenfalls eine Evaluierung angekündigt hatte, sei dann plötzlich auf Feuer am Dach umgeschaltet worden und habe man so getan, als hätte ihr Ressort keinerlei Handlungsspielraum, dies gepaart mit Kriminalisierungsrhetorik. „Das war und ist geradezu lächerlich. Würden auch an ihre Amtsvorgänger die gleichen falschen Maßstäbe angelegt, wie in dieser bis zum Exzess aufgewärmten Kampagne, dann müssten etwa die Ex-Minister Faymann und Bures schon lange im Gefängnis sitzen,“ kritisiert Rehm. Die ÖVP solle daher ihre Irreführung einstellen, nicht weiter in der Vergangenheit verharren, sondern an die Zukunft denken. „Schließlich hat sie den Klimacheck im letzten Regierungsprogramm ebenso mitbeschlossen, wie davor den immer noch gültigen Vierparteienbeschluss des Nationalrats zur Ausrufung des Klimanotstandes,“ so Rehm abschließend.
05.06.2025, 10:06 | OTS0059 | VIRUS – WUK-Umweltbureau
Keine Ministeranklage – na also, geht doch
Autobahnneubauprojekte im Fokus waren und sind nicht genehmigt
Wien (OTS) – Die Umweltorganisation VIRUS begrüßt die Erklärung der ÖVP, keine Ministeranklage gegen Ex-Bundesministerin Gewessler betreiben zu wollen. Sprecher Wolfgang Rehm, “Es ist uns jedoch bewusst, dass dieses Zündeln taktische Spielchen sind, die ohne Rücksicht auf das Ansehen der Politik betrieben werden und der aktuelle Rückzug mit Hintertürl nicht aus der Erkenntnis der eigenen juristischen Minderleistung entspringt. An der Erzählung, die bei diesen Manövern verbreitet wird, stimmt praktisch nichts, sie ist so vielfältig falsch, dass es nahezu unmöglich ist alles auf einmal aufzuklären.“Wesentlich sei es einerseits zu betonen, dass die ehemalige Klimaschutzministerin nicht wegen einer Evaluierung anders behandelt werden dürfe, als ihre Amtsvorgänger, die ebenfalls vielfältig von ihrer Ressortzuständigkeit Gebrauch gemacht hätten. Andererseits werde viel zu oft ausgeblendet, dass gerade für die prominentesten der von den Befürwortern zu Heiligtümern hochstilisierten Autobahnneubauvorhaben die erforderlichen Bewilligungen 2021 nicht vorlagen, auch aktuell nicht vorliegen und möglicherweise nicht vorliegen werden und war dies teilweise auch schon bei der letzten Evaluierung bekannt. „Der Lobautunnel liegt gerade wegen eines fatalen Wurzelmangels beim Europäischen Gerichtshof, sogar Asfinag-Vorstand Hufnagl spricht in der Presse offensichtlich in Kenntnis des Gesamt-Verfahrensstandes von einem Baubeginn nicht vor 2031, was einer theoretischen Verkehrfreigabe von frühestens 2037 entsprechen würde“, so Rehm. Die S8 Marchfeld-Schnellstraße habe als erstes Autobahnbauvorhaben überhaupt trotz extremer rechtlicher Privilegierung wegen eines fundamentalen Konfliktes mit im Anwendungsvorrang befindlichem europäischem Naturschutzrecht vom Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig keine Genehmigung erhalten. Die S34 Traisental-Schnellstraße habe zwar rechtskräftige wenn auch rechtswidrige Bescheide, benötige zu ihrer Umsetzung jedoch die nicht genehmigte Spange Wörth mit der aktuell ebenfalls der EuGH befasst sei. So blieben noch das Nordstück der S1-Lobauautobahn und die derzeit in politischen Programmen einzig namentlich erwähnte S1-Spange Seestadt, die rechtskräftige Genehmigungen hätten aber ebenfalls vom Wurzelmangel betroffen seien. Hier stelle sich rechtlich die Frage, ob diese Bewilligungen überhaupt konsumiert werden können. Budgetär sei relevant, ob es vertretbar sei, einen weiteren Straßentorso und für die nichtrealisierbare S8 einen teuren funktionslosen Autobahnknoten als Kopie der mittlerweile abgerissenen jahrelang den Verkehrsfunk mitbestimmenden so genannten „gesperrten Ausfahrt Simmering“ an der A23 in die Landschaft zu stellen. „Es wäre also hoch an der Zeit für die Betonierer, den Ball flach zu halten und aufzuhören, große Töne zu spucken“ so Rehm abschließend. |
